Notstand in Venezuela: Ein Land vor dem Kollaps

In Venezuela mangelt es an Lebensmitteln – auch Strom und Wasser sind knapp. Besonders schwierig ist die Lage in den Krankenhäusern. Das Land befindet sich im Notstand.

krankenhaus
“Wir haben Hunger” – stundenlang harren die Menschen vor den Geschäften in Venezuela aus, um einige der wenigen Nahrungsmittel zu bekommen. Auch Klopapier und Windeln sind Mangelware. Viele Produkte sind nur noch Armeeangehörigen zugänglich. Der Schwarzhandel blüht, vereinzelt kam es in den Provinzen sogar schon zu Plünderungen.

 

Doch nicht nur Nahrung und Waren des täglichen Lebens sind knapp, auch Wasser und Strom werden stark reglementiert – die Menschen bunkern Trinkwasser inzwischen in Flaschen. Immer wieder müssen sie im Dunkeln sitzen, weil die Elektrizität abgeschaltet wird.
Grund ist die starke Dürre. Der Wasserstand des El Guri, eines Stausees im südöstlich gelegenen Bundesstaat Bolívar, sinkt und sinkt. Dort produzierte das Wasserkraftwerk bisher 60 Prozent der landesweiten Energie. Kritiker sagen, die Dürre durch das Wetterphänomen El Niño sei vorhersehbar gewesen – die Regierung habe es versäumt, vorzusorgen. Die verwaltet nun den Notstand, die Behörden behelfen sich, indem sie Strom und Trinkwasser rationieren.
Besonders hart trifft der Mangel die Kranken. In den Kliniken des Landes fehlt es an allem: Antibiotika, intravenösen Lösungen, sogar Seife und Essen. “Der Tod von Babys ist unser täglich Brot”, sagte Osleidy Camejo, Chirurg in der Hauptstadt Caracas, der “New York Times”.

 

Der Präsident flüchtet sich in Verschwörungstheorien

Venezuela steht vor dem Kollaps. Der IWF prognostiziert für dieses Jahr eine extreme Inflation von 720 Prozent. 2015 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 Prozent, dieses Jahr soll das Minus 6,2 Prozent betragen.
Noch hält sich der sozialistische Präsident Nicolás Maduro, er verlängerte den Ausnahmezustand um 60 Tage (Lesen Sie hier eine Analyse). Sein Dekret sieht auch vor, dass Soldaten und lokale Bürgerwehren zur Sicherung der öffentlichen Ordnung und bei Lebensmittelverteilungen zum Einsatz kommen können. Die Opposition wirft dem Präsidenten vor, mit dem Ausnahmezustand eine Diktatur vorzubereiten. Sie hat für Mittwoch erneut zu Massenprotesten aufgerufen.
Maduro flüchtet sich inzwischen in Verschwörungstheorien. Er sieht sich von Feinden umzingelt. Er behauptet, in Venezuela sei eine US-Invasion im Gange. Der Staatschef sieht vor allem den gefallenen Ölpreis als Ursache für den Notstand. Venezuela lebt wie kein zweiter Staat vom Öl. Aus dem Verkauf des Rohstoffs stammte bisher der Großteil der Devisen, mit denen die Regierung den Import von Waren bezahlte.
Für Rücklagen hat Maduro allerdings nicht gesorgt, das rächt sich jetzt – darunter leiden müssen vor allem die Menschen.
Quelle: heb/dpa Meridith Kohut/The New York Times/

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